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NOMENCLATURA

Auf dieser Seite wird die (moderne) Terminologie zur Ansprache hydrotechnischer Bauten verwaltet, die im Rahmen des Projekts »Wasser und Kult im Heraion von Samos« verwendet wird.

Zu antiken Bezeichnungen von Wasserentnahmestellen s. Glaser 1983, 5. 165; Tölle 1985a; Tölle 1985b, 158.

Brunnen (Engl. well, fountain)

Entsprechend dem allgemeinen Sprachgebrauch wird ein künstlich geschaffener Zugang zu Grund- oder Quellwasser allgemein als Brunnen bezeichnet. Das Wasser kann durch den Brunnen direkt erschlossen oder ihm indirekt z. B. über Stollen, Kanäle, Rohrleitungen etc. zugeführt werden. Eine Unterteilung in verschiedene Brunnentypen kann anhand der Art des genutzten Wassers, der Art der Wasserzuleitung, der Wasserentnahme sowie der Grund- und Aufrissgestaltung erfolgen (vgl. Glaser 1983 125).

Artesischer Brunnen

Bei einem artesischen Brunnen handelt es sich um einen künstlich geschaffenen Zugang zu einem gespannten Grundwasserleiter, aus dem das Grundwasser durch das hohe hydraulische Potential von selbst hochsteigt.

Grundwasserlaufbrunnen

Als Grundwasserlaufbrunnen sollen die bislang nur aus dem Heraion von Samos bekannten Brunnen bezeichnet werden, die – ebenso wie die Schachtbrunnen – einen künstlich geschaffenen Zugang zum Grundwasser darstellen. Das Grundwasser tritt durch die Sohle und/oder Öffnungen bzw. Fugen in der Wandung des bis zum Erreichen des lokalen Grundwasserleiters in den Boden abgeteuften Bauwerks ein. Im Gegensatz zum ›normalen‹ Schachtbrunnen steht das Wasser im Grundwasserlaufbrunnen jedoch nicht, sondern fließt durch eine unterhalb des Grundwasserspiegels liegende Öffnung in der Brunnenwandung und einen angeschlossenen Kanal kontinuierlich wieder aus dem Brunnenbecken aus.

Laufbrunnen

Künstlich geschaffener Wasserzugang. Einem Laufbrunnen wird, z. B. über eine Wasserleitung, konstant Wasser zugeleitet, das in keiner Verbindung zum lokalen Grund- oder Schichtenwasser steht. Der Brunnen verfügt auch über einen steten Ablauf (vgl. Wellbrock 2016, 117. 341 Anm. 1332).

Schachtbrunnen

Bei einem Schachtbrunnen handelt es sich um einen künstlich geschaffenen Zugang zum Grundwasser. Um selbiges nutzbar zu machen, wird ein zumeist ringförmiger Brunnenschacht bis zum Erreichen des lokalen Grundwasserleiters in den Boden abgeteuft (vgl. Wellbrock 2016, 341 Anm. 1332). Die Brunnenwandung kann z. B. durch aus Steinen gesetzte Mauern oder tönerne Ringsegmente gesichert sein. Grundwasser tritt über die (durchlässige) Sohle und/oder Öffnungen bzw. Fugen in der Wandung des Schachtbrunnens direkt in das Bauwerk ein. Der Wasserspiegel im Brunnenschacht stellt sich der jeweiligen Druckhöhe der wasserführenden Schicht entsprechend ein (vgl. Brinker 1990, 3). Aus dem Brunnen entnommenes Wasser fließt nach. Bei Tölle-Kastenbein 1974, 109 als »Grundwasserbrunnen«, bei Glaser 1983, 165 als »Brunnenschächte()«, bei Brinker 1990, 3 als »Brunnen bzw. Tiefbrunnen« bezeichnet. Eine weitere Untergliederung in Typen ist anhand der Art der Wasserentnahme sowie der Grund- und Aufrissgestaltung möglich (vgl. Glaser 1983 125).

Quellfassung

Bei einer Quellfassung handelt es sich um ein künstlich geschaffenes Bauwerk zur Fassung und Erschließung von natürlicherweise an die Erdoberfläche tretendem Grundwasser (vgl. Wellbrock 2016, 341 Anm. 1332). Eine Gliederung in weitere Untertypen kann anhand der Art der Wasserentnahme sowie der Grund- und Aufrissgestaltung erfolgen (vgl. Glaser 1983, 125).

Bassin/Becken (Engl. basin)

Künstlich geschaffener Behälter zur Aufnahme von Wasser, das für diverse Zwecke genutzt werden kann. Kann über Zu- und/oder Ablauf verfügen.

Kanal (Eng. channel)

Künstlich geschaffene Rinne zur Aufnahme, Sammlung und Überleitung von Wasser. Je nach Funktion kann zwischen Zuleitungs- und Ableitungskanälen unterschieden werden. Ein Kanal kann offen oder gedeckt sein und einen rechteckigen oder bogenförmigen Querschnitt aufweisen.

Reservoir (Engl. reservoir)

Bei einem Reservoir handelt es sich um einen zumeist künstlich angelegten, ortsfesten, wasserdichten Raum zum Sammeln und Speichern von Wasser aus einer externer Quelle. Reservoire sind Teil eines Wasserversorgungssystems und verfügen im Gegensatz zu einer Zisterne über einen konstanten Zu- und Abfluss (angelehnt an Klingborg 2017, 4). Wellbrock 2016, 119 nutzt den Begriff »Wasserdepot« für zentrale Großspeicher, die sich von (im Falle Pergamons unterirdischen, in den Fels eingetieften) Zisternen v. a. durch ihre oberirdische, künstliche Anlage unterscheiden und stets von einem zentralen Versorgungssystem gespeist wurden (s. dazu auch Brinker 1990, 3 f., der »gemauerte Trinkwasserspeicher am Ende von Fernwasserleitungen, die als Standardelement römischer Kanalleitungen anzusehen sind, [da sie] … im Gegensatz zu Zisternen bei kontinuierlichem Zu- und Abfluß lediglich eine kurzfristige Pufferfunktion erfüllten« bei seiner Betrachtung der pergamenischen Zisternen ausklammert.

Rohrleitung (Engl. pipe)

(schematische Darstellung mit Benennung der Einzelteile s. Wellbrock 2016, 37)

Verteiler (Engl. distributor)

Unter Verteilern werden in ein Fließwassersystem eingebundene Bauwerke verstanden, die dazu dienen, Wasser aus einem Hauptversorgungsstrang in untergeordnete Versorgungsstränge mit unterschiedlichen Zielpunkten zu verteilen. Verteiler haben eine Funktion als Reglungsorgan, indem einzelne Rohrstränge abgesperrt oder der Abfluss reguliert werden kann. Sie können auch Funktion eines Speichers oder eine Entnahmestelle haben (Wellbrock 2016, 121)

Zisterne (Engl. cistern)

Bei einer Zisterne handelt es sich um einen natürlichen oder künstlich angelegten, ortsfesten, wasserdichten Behälter zum Sammeln und Speichern von Wasser aus einer externer Quelle, wie z. B. Regenwasser. Zisternen können sowohl ober- als auch unterirdisch angelegt sein und (abhängig von der Nutzungsabsicht) offen oder verdeckt sein. Im Gegensatz zu einem Reservoir, das einen Teil eines Wasserversorgungssystems darstellt, verfügt eine Zisterne nicht über einen konstanten Zu- und Abfluss (angelehnt an Klingborg 2017, 4; vgl. auch dessen Anmerkungen auf S. 16/17 zur Relevanz bzw. Irrelevanz von Untertypen; vgl. Brinker 1990, 3, der als im Gegensatz zu Brunnen entscheidende Kennzeichen von Zisternen die künstliche Zuleitung von gesammelten Oberflächenwasser, die Überdeckung und die Wasserdichtigkeit nennt). Fahlbusch 1982, 113 verwendet die Begriffe Speicher und Zisterne synonym und bezeichnet demnach auch die Endspeicher von Wasserleitungen z. B. in Istanbul als Zisternen. (schematische Darstellung mit Benennung der Einzelteile s. Klingborg 2017, 15)

An der Erarbeitung einer verbindlichen Terminologie für verschiedene Installationen aus dem Bereich der (antiken) Wasserversorgung arbeitet zurzeit auch eine Gruppe von Archäologen um Patrik Klingborg (patrik.klingborg@antiken.uu.se).

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